
Radlen mitten durch die Weinberge. Das geht in der Fränkischen Schweiz. Foto: © Martin Kirchner
Der erste Eindruck trügt absolut nicht. Wein, wohin man schaut. Gleich bei unserem Start in Volkach, einem der populärsten Orte hier im Fränkischen Weinland nord-östlich von Würzburg, reiht sich Weinstube an Weinstube, und sogar aus dem Fahrradkorb der Dame vor uns, die wir gleich nach dem Volkacher Stadttor überholen, ranken junge Reben. Die sollen sicher noch schnell in irgendeinen Weinberg – oder als Deko in eine Vase. Wir machen uns auf in die Reben. Es geht gleich steil hoch, kurz, aber knackig. Der Ausblick lohnt – gegenüber trohnt die Vogelsburg, selbstredend auch umstanden von üppigen Reben. In Nordheim informiert eine Werbetafel, dass hier die Fränkische Weinkönigin lebt. Hoheit Christine hat aber schon abgedankt. Die aktuelle Weinkönigin, Kristin Langmann, regiert derzeit in Bullenheim. Das schauen wir uns später an.
Doch zunächst rollen wir runter nach Sommerach – ein Muster-Weinort mit geraniengeschmückten Höfen und plätscherndem Dorfbrunnen. Riesige Torbogen, durch die locker jeder noch so hoch aufgetürmte Erntewagen passt, führen zu geräumigen Innenhöfen. Hier wird manchmal heute noch gleich die Weinernte verarbeitet – oder, wenn’s ein Gasthof ist, verkostet. In der Luft liegt der süßlich-herbe Geruch nach leicht vergorenen Trauben, vor den Häusern haben viele Besitzer Reben gepflanzt, die ihre Ranken bis über die Innenhöfe strecken und so im Sommer ein grün-schattiges Dach bilden. Sommerach hat sich übrigens in den vergangen Jahren mehrmals zum schönsten Dorf Deutschlands küren lassen – wir verstehen die Juroren.
Doch auch die kleineren Weinorte, durch die wir fahren, gefallen uns. Martin Kaltdorf, der gerade an der Uni Würzburg seine Doktorarbeit in Bioinformatik schreibt, tourt schon seit Jahren mit seinem Radsportverein, der RSG Würzburg, von Würzburg aus ins Weinland und hat uns Tipps gegeben. Gerade unter der Woche, wenn die Straßen ruhiger sind, mag er die Strecke Richtung Steigerwald besonders gerne. Natürlich auch eine Weingegend, aber eine mit vielen kleinen Straßen und einem ständigen Auf- und Ab, ganz schön fordernd. Wir sind seine Empfehlung nachgefahren und merken spätestens in Castell am Rand des Steigerwalds, wie Recht er hat. Es zieht sich ganz schön den Berg hoch. Und ruhiger wird es zumindest auf dieser Tour erst zum Schluss. Theoretisch könnte man hier eine neue Meßeinheit einführen – Weinbergmeter statt Höhenmeter.

Warten auf die Fähre übern Main. Foto: ©Martin Kirchner
Kaltdorf fährt gerne im Herbst durch die Weinberge „Wenn sich das Laub die Reben gelb und rot färbt, dann ist das Licht ganz speziell“, schwärmt er. Die Weinbauern seien übrigens sehr rücksichtsvoll zu Radfahrern: „Wenn man schnell genug ist, hat man hinter einem Erntewagen richtig guten Windschatten“, sagt Martin Kaltdort.
Dass der Wein hier so ausgezeichnet gedeiht, liegt am milden Klima in den Maintälern und am fruchtbaren Boden: Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper – der übrigens auch in heißen, trockenen Jahren dafür sorgt, dass die Böden die Feuchtigkeit halten.
Auf den letzten Kilometern folgen wir dem Main, auch hier werben natürlich Plakate für Weinbummel, Winzerfeste, Weinbergswandern und Kellerführungen. Jetzt schon schnell den letzten Stich hoch nach Neusses am Berg – und dann auch mal selbst einen Wein verkosten. Den haben wir uns verdient, nach so vielen Weinbergmetern.
Erschienen in: TOUR 8/2015
Foto: ©Martin Kirchner