Da ist sie ja schon, die Kati. Rotschopfig und fröhlich grinst sie von einem Riesenplakat gleich am Ortseingang von Steinbach-Hallenberg. Kati Wilhelm, „unsere Olympiasiegerin“, wie es in einem Extra-Schaukasten steht, lebt immer noch in Steinbach-Hallenberg mitten im thüringischen Wintersport-Zentrum. Rennrad fährt sie übrigens auch ab und zu. Bei einem ihrer letzten Kati-Camps, bei denen sie junge Biathleten trainiert, stiegen die Teilnehmer allerdings der Einfachheit halber aufs Mountainbike – die standen gleich vor Ort parat.

Die Idylle trügt: Es geht steil bergan. Foto: ©Martin Kirchner
Die Gegend macht hart, das steht außer Frage. Wer nicht auf dem omnipräsenten Rennsteig trainiert, kurbelt sich – so wie wir – von Kamm zu Kamm. Stetig geht es rauf nach Oberhof ins Herz des Wintersports. Aus dem Augenwinkel sieht man noch, dass nicht nur die Gold-Kati, sondern auch der Skispringer Helmut Recknagel aus Steinbach-Hallenberg kommt. Und ein Ort weiter können wir wieder Wintersport-Promis gucken – jedenfalls auf Plakaten: Erich Recknagel, Olympia 1928, Oskar Weisheit, Olympia 36.
„Bei uns kann man innerhalb von wenigen Kilometern viele Höhenmeter machen“, sagt Ralf Messerschmidt. Er hat eine Schreinerei in Trusetal und ist zweiter Vorsitzender des örtlichen Radsportvereins, des Viba-Anschütz-Teams. Er hat uns den Tipp gegeben, eine Tour quasi quer zum berühmten Rennsteig zu wählen. Konkret sieht das dann so aus: Hoch den Kamm, rechts und links nach dem weißen R für Rennsteig geschaut, dann wieder steil runter ins Tal – und gleich wieder hoch.
170 Kilometer lang ist der Rennsteig und wirklich legendär. Im Mittelalter markierte er die Grenze zwischen dem Herzogtum Franken und der Landgrafschaft Thüringen. Lange fungierte der Kammweg als Handelspfad. Noch heute gilt er als meistbegangener Weitwanderweg Deutschlands.
In Oberhof macht der Skizirkus gerade Sommerpause. 815 Meter zeigt der Höhenmesser. Gleich mal die Windjacke übergezogen nach der Auffahrt, das Klima ist rau hier oben – wenig erstaunlich: Der Ort breitet sich ziemlich ungeschützt auf einer Hochfläche aus.

Bei Oberhof: Skispringen, auch im Sommer. Foto: ©Martin Kirchner
Es gibt hier eigentlich keine Wintersportart, den man hier nicht ausüben könnte: Von der Straße aus sehen wir die imposante Rodelbahn. Nordische Kombination geht hier natürlich auch, und ein paar Kurven weiter büffelt der wintersportliche Nachwuchs im Sportgymnasium Oberhof nicht nur neben Mathe, sondern trainiert auch Sportschießen, Rennrodeln, Skeleton, Bob, Skispringen, Nordische Kombination, Skilanglauf, Biathlon und Gewichtheben. „Das Ziel der Sportförderung ist dabei immer der Hochleistungssport!“ steht im Leitbild des Sportgymnasiums. Eine echte Elite-Schmiede ist das.
Es kann leicht passieren, dass sich diese Skiattraktionen negativ auf den Schnitt auswirken. Schon vorher hat uns die Sprungschanze in Kanzlersgrund ausgebremst: Obwohl wir gerade einen guten Lauf bergauf hatten, mussten wir kurz stoppen. Sieht man ja nicht alle Tage, wie die Skisprung-Leichtgewichte von der Schanze – übrigens eine der größten weltweit – auf den grünen Kunstrasen flattern. Kräftig geflucht haben manche – so ganz zufrieden mit der Leistung waren sie wohl nicht.
Im Winter steigen übrigens auch viele von Messerschmidts Teamkollegen auf die Langlaufskier um und trainieren auf dem Rennsteig. Messerschmidt selbst, der Schreiner, fährt lieber Hornschlitten.
Keine Tour ohne höchsten Berg – im Thüringer Wald-Fall den Inselsberg. Von Tabarz aus schinden wir uns über die Pflasterstraße hoch. Aber es lohnt sich – ein toller Blick übers ganze Land. Und runter geht’s neben der obligatorischen Rodelbahn – der Sommerrodelbahn. In Brotterrode können wir nochmal rüberschauen zum Inselsberg und stolz drauf sein, dass wir das oben waren.
– erschienen in TOUR 8/2016

Lohnt sich: kurz ums Kurhaus in Bad Liebesstein kurven. Foto: ©Martin Kirchner